wir haben doch platz hier
Amazon lässt private
Gespräche für Alexa abtippen
Die Sprachsteuerung „Alexa“ ist unter anderem in Amazons Lautsprecher „Echo“ verbaut
veröffentlicht am
11.04.2019 - 13:50 Uhr
Jeden Tag lässt Amazon seine Mitarbeiter Tausende Gespräche mithören und abtippen, die von Geräten mit der Sprachassistentin Alexa aufgezeichnet wurden – ohne dass die Nutzer davon wissen.
Ziel dieser Abschriften: Amazon will die Spracherkennung von Alexa verbessern, um mit regionalen Ausdrucksweisen und der unterschiedlichen Aussprache besser umgehen zu können. Doch nicht nur direkte Befehle an Alexa landen auf den Schreibtischen der Amazon-Mitarbeiter, sondern offenbar auch private Gespräche, sogar solche, die Alexa gar nichts angehen.
▶︎ Brisant: Es geht um Mitschnitte, die aufgenommen wurden, ohne dass jemand klar das Aktivierungswort gesagt hatte („Alexa“, „Echo“, „Computer“). Das geht aus einer Recherche des Finanzdienstes „Bloomberg“ hervor, in dem auch Mitarbeiter zu Wort kamen; Amazon hat die Mithör-Praxis grundsätzlich bestätigt, ohne Details zu erklären.
1000 Mitschnitte pro Schicht
„Bloomberg“ zufolge wird diese Arbeit von Tausenden Mitarbeitern an diversen Standorten rund um die Welt erledigt, unter anderem in Boston, Costa Rica, Indien und Rumänien.
Zwei Mitarbeiter in Bukarest gaben an, dort würden pro Neun-Stunden-Schicht bis zu 1000 Mitschnitte abgeschrieben; vor allem natürlich Dinge, die bewusst zu Alexa gesagt wurden, aber auch jeden Tag etwa 100 Aufnahmen, bei denen Alexa aus Versehen aufgelöst wurde oder ohne Sprachbefehl angefangen hat, mitzuhören.
Die Mitarbeiter seien dazu angehalten, auch diese Gespräche sowie Dialoge aus dem Hintergrund mitzuschreiben – es gehe darum, den Sprachgewohnheiten und der Aussprache bestimmter Wörter nachzugehen und den Sprachassistenten darauf zu trainieren. Wenn es aber zu privat werde, sollten die Mitarbeiter zur nächsten Audio-Datei zu springen, heißt es bei „Bloomberg“. Allerdings würden einzelne Sequenzen auch in internen Chat-Räumen geteilt, etwa die Aufnahme einer Frau beim Singen unter der Dusche oder ein Kind, das um Hilfe ruft, seien dort schon gelandet.
„Wir versehen eine sehr geringe Auswahl an Alexa-Sprachaufnahmen mit Kommentaren, um das Kundenerlebnis zu verbessern“, sagte ein Amazon-Sprecher zu „Bloomberg“, ging aber nicht auf Details ein.
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Anonymität der Nutzer?
Laut Amazon soll in diesem Prozess die Anonymität der Alexa-Nutzer gewahrt bleiben: „Beschäftigte haben keinen direkten Zugang zu Informationen, durch die eine Person oder ein Account bei diesem Verfahren identifiziert werden können“, sagte Amazon.
„Bloomberg“ berichtete jedoch, auf einem Screenshot zu einem solchen Transkriptions-Auftrag seien eine Account-Nummer, der Vorname des Nutzers sowie die Seriennummer des Geräts aufgeführt gewesen.
Amazon verteidigte sich und wies darauf hin, dass alle Informationen „streng vertraulich“ behandelt würden. Außerdem werde mit Zugangseinschränkungen und Verschlüsselung gearbeitet.
Nutzer können Mitschnitt widersprechen
Aus Amazons Informationen zu Alexa geht bisher nicht explizit hervor, dass irgendwo auf der Welt Menschen die Aufzeichnungen anhören und abschreiben: „Zum Beispiel verwenden wir Ihre Befehle an Alexa, um unsere Systeme zur Spracherkennung und zum Verstehen natürlicher Sprachen zu trainieren“, heißt es lediglich in den Fragen und Antworten auf einer Amazon-Seite.
▶︎ Nutzer können allerdings in ihren Einstellungen der Nutzung ihrer Aufnahmen zur Weiterentwicklung des Dienstes widersprechen.
Von Amazon gab es am Donnerstag zunächst keine weiteren Stellungnahmen über die Erklärung an „Bloomberg“ hinaus. Auch die Konkurrenten Apple und Google äußerten sich nicht zur Anfrage, ob sie auf eine ähnliche Vorgehensweise bei ihren Assistenten Siri und Google Assistant zurückgreifen.