https://www.heise.de/tp/features/Kindesmissbrauch-Kinder-in-Not-sind-angewiesen-auf-Erwachsene-die-sie-schuetzen-4779553.html
Kindesmissbrauch: "Kinder in Not sind angewiesen auf Erwachsene, die sie schützen"
Julia von Weiler (Innonence in Danger), Ex-Beraterin der Bundesregierung, zu den endlosen Behörden-Skandalen in den Fällen Lüdge und Münster und zu kriminellen Strukturen in der "Sozialindustrie"
Die Psychologin Julia von Weiler arbeitete während ihres Studiums in New York City beim dortigen "Children's Safety Project" als Vertrauensperson für missbrauchte Kinder. In den 90ern gestaltete sie in Deutschland das in der Geschichte erste Wohnprojekt für missbrauchte Mädchen mit, die "Mädchenvilla". Bis 2007 war von Weiler leitende Psychologin in der stationären Facheinrichtung "Kind in Düsseldorf", zuständig für Diagnostik und Therapie schwer misshandelter Kinder ab drei Jahren.
Von Weiler ist an mehreren internationalen Forschungsprojekten zu Organisierter Kriminalität (OK), Misshandlung, Gewalttraumatisierung und sexuellem Missbrauch beteiligt. Seit 2003 ist sie Geschäftsführerin von "Innocence in Danger", der deutschen Sektion eines international verknüpften Netzwerkes im Kampf gegen Kinderpornographie und sexuelle Ausbeutung (auch im digitalen Raum des Internets), deren Mitarbeiter auch aktiv undercover ermitteln und so die Arbeit der Strafverfolgungsbehörden und Polizeien verschiedenster Länder unterstützen.
Sind Sie überrascht über die Fälle von Münster?
Julia von Weiler: Lügde, Bergisch Gladbach und Münster überraschen mich kein bisschen. Sexueller Missbrauch findet mitten unter uns statt, jeden Tag, zu jeder Zeit.
Abermals wird bekannt, dass der Täter polizeibekannt war. Warum passiert so etwas immer wieder in Nordrhein-Westfalen?
Julia von Weiler: Solche Fälle finden keinesfalls nur in Nordrhein-Westfalen statt, sondern überall in Deutschland. Lügde hat nur die Polizeiarbeit in Nordrhein-Westfalen verändert, wenn es um Missbrauch und Missbrauchsdarstellungen geht. Das heißt, wo genauer hingeschaut wird, fällt natürlich auch mehr auf. Gleichzeitig hängt der Erfolg immer noch sehr vom Zufall ab - einer Meldung, der Möglichkeit in einem Missbrauchsfilm den Tatort zu erkennen oder wie im Fall von Münster eine IP-Adresse, die man rückverfolgen kann.