Boris Reitschuster: „Frau Merkel, Sie haben gesagt, später wird immer mehr in den Vordergrund rücken, was erwartet uns in den nächsten Jahren. Nun werfen Ihnen Kritiker vor, dass das bei Ihnen im Moment nicht genügend im Vordergrund steht. Auch in der Unionsfraktion wurde Ihnen gestern vorgeworfen, dass Sie sich einseitig beraten ließen, in der Expertenrunde waren zwei Vertreter von Null-Covid, es war kein einziger expliziter Kritiker dabei, es gibt die Studie von Ioannidis, wissenschaftlich belegt. Der sagt Lockdown schadet, hilft nicht, es gibt keine wissenschaftlich belegte, die die Bundesregierung nennen konnte. Warum tauschen Sie sich nicht mit den expliziten Kritikern offensiver aus, warum wird diese Ioannidis-Studie nicht berücksichtigt, als Wissenschaftlerin müssen Sie doch immer beide Seiten hören, und woher kommt der Glaube, wie das Ihre Sprecherin ausdrückte, wenn ja auch viele Wissenschaftler andere Meinungen haben.“
https://reitschuster.de/post/hat-mir-die-kanzlerin-einen-baeren-aufgebunden/
Merkel antwortete: „Zu den Wissenschaftlern. Wissen Sie, das überrascht mich ein bisschen. Erstens wählen wir die Wissenschaftler immer nach der Frage aus: Was steht im Zentrum der Beratung? Diesmal stand die Mutation im Zentrum. Da hatten wir sehr interessante Wissenschaftler, zum Beispiel Herrn Apweiler, der für Großbritannien die Sequenzierung durchgeführt hat, Herrn Professor Nagel von der Technischen Universität Berlin, der genauso wie Herr Meyer-Hermann Modellierungen macht, und Professor Krause vom Helmholtz-Zentrum in Braunschweig, der dezidiert in vielen Fragen anderer Meinung ist.“
Ausgerechnet das ZDF hat nun herausgefunden, dass die Kanzlerin mit dieser Antwort nicht nur mich in die Irre geführt hat – sondern auch die gesamte Öffentlichkeit. In der Sendung „Berlin direkt“ vom Sonntag wird über den Wortwechsel der Kanzlerin mit mir berichtet, und ihre Antwort wird auch eingeblendet – wie immer, ohne meinen Namen zu nennen oder mich zu zeigen: „Immer mehr Menschen hegen Zweifel, ob der Art, wie mit Fragen, wie mit Kritik umgegangen wird. Beispiel eins: Die wissenschaftliche Beratung. Es kämen nur die zu Wort, die ihre Linie ohnehin stützen, so der Vorwurf. Stimmt nicht, sagt sie, verweist auf das letzte Treffen“. Sodann wird ein Ausschnitt von Merkels Antwort auf meine Frage gezeigt: „Wir hatten Professor Krause vom Helmholtz-Zentrum in Braunschweig, der dezidiert in vielen Fragen anderer Meinung ist.“ Weiter sagt der Sprecher: „Doch wegen dieser dezidiert anderen Meinungen war er nicht geladen, sondern für einen Vortrag über eine Software. Sprich: Man schmückte sich mit einem Kritiker, ohne sich mit seiner Kritik ernsthaft zu befassen. Selbst Mitregierende sind irritiert“.
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