Autor Rolf Merk ist Jurist und Vorsitzender des Stadtrechtsausschusses der Stadt Mainz und hat in dieser Funktion unter anderem auch über die Rechtmäßigkeit von Corona-Maßnahmen der Stadt Mainz zu entscheiden.
https://www.lto.de/recht/hintergruende/h/corona-impfpflicht-testpflicht-3g-regel-2g-impfung-immunitaet-genesen-virus-impfdurchbruch/
Testpflicht jetzt auch für Geimpfte!
Aktuellen Studien zufolge stecken sich auch Geimpfte häufig mit dem Coronavirus an und weisen hierbei annähernd die gleiche Virenlast auf wie Ungeimpfte. Welche juristische Fragen sich hieraus ergeben, beleuchtet Rolf Merk.
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Seitdem die Deltavariante vorherrscht, ist die Zahl der Impfdurchbrüche rapide angestiegen und darüber hinaus weisen die infizierten Geimpften eine annährend so hohe Virenlast auf wie Ungeimpfte.
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Wenn aber Jeffrey Shaman von der Columbia University die neuen Ergebnisse so interpretiert, dass "geimpfte Menschen wahrscheinlich in einem beträchtlichen Ausmaß an der Übertragung von Delta beteiligt sind“, wundert man sich schon, warum bei uns – anders als in den USA und England – diese Studien weder in den Medien noch in der Politik oder der Rechtswissenschaft große Resonanz gefunden haben. Dabei bergen sie enormen politischen und juristischen Sprengstoff.
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Insofern wäre die richtige Fragestellung bei der letzten MPK Anfang August nicht gewesen, ob Schnelltests weiterhin kostenfrei sein sollen, sondern ob von nun an sich auch Geimpfte "freitesten" müssen.
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Nimmt man dann noch die zuletzt so oft bemühte "Schutzpflicht des Staates" ins Visier, ist letztlich nur ein Ergebnis möglich: Sowohl aus epidemiologischer als auch aus juristischer Sicht muss schnellstmöglich eine grundsätzliche Testpflicht auch für Geimpfte eingeführt werden.
Will man aber weiterhin – allein um den Anreiz des Impfens zu erhöhen – hierauf verzichten, handelt man nicht nur rechtswidrig im Sinne einer ungerechtfertigten Ungleichbehandlung, sondern nimmt auch billigend einen Anstieg der Infektionen in Kauf.
Bedauerlicherweise aber geht die Entwicklung aktuell in die andere Richtung: Die Privilegierung Geimpfter wird unter völliger Ignoranz der neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse nicht nur fortgesetzt, sondern sogar noch vertieft
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Immerhin hat die Bundesjustizministerin inzwischen in einem Interview mit der Welt am Sonntag erklärt, dass sie die "2G-Regelung" für verfassungswidrig halte.
Allerdings wäre für die politische und juristische Diskussion ein anderes Statement der Ministerin wichtiger gewesen: Dass sich der Rechtsstaat nicht dafür interessiert, ob eine Person geimpft oder nicht geimpft ist – sondern allein dafür, ob sie gefährlich für andere ist oder nicht.