Anonymous ID: 454106 May 26, 2022, 10:46 p.m. No.16349470   🗄️.is 🔗kun

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Macht und Mammon: Regierungen wollen die Kontrolle behalten

Wenn das Geld erst einmal vollständig computerisiert sein wird, werden Regierungen alles über jeden wissen, sagt Börsenlegende Jim Rogers im Gespräch mit der Epoch Times.

 

„Wir sehen, dass allerorten Inflation ausbricht. Und wir beobachten, dass die Zinsen steigen. All diese Entwicklungen haben sich schon über einen längeren Zeitraum abgezeichnet. Solche Dinge geschehen nicht im Ablauf von einer Woche. Es sieht ganz danach aus, als ob sich der Druck nun allerorten sichtlich zu verschärfen droht“, sagt Börsenguru Jim Rogers der Epoch Times.

 

Jim Rogers ist dafür bekannt, in hohem Maße auf Rohstoffe zu setzen. Zusammen mit George Soros gründete er mit dem Quantum Fonds einen der erfolgreichen Hedgefonds der Welt. Im Alter von 37 Jahren lies er sich auszahlen und ging mit einem BMW-Motorrad auf Weltreise.

 

Am 20. Mai sprach Wirtschaftsfachmann Roman Baudzus mit der Börsenlegende, welche vom Magazin „Times“ einst als „Indiana Jones der Finanzen“ bezeichnet wurde. Der Weltenbummler und Abenteurer frischte später sein Wissen in einer zweiten Weltumrundung auf. Aktuell lebt er in Singapur.

 

Der US-Dollar befindet sich gerade in einer soliden Aufschwungphase. Ist die amerikanische Währung der einäugige König unter Blinden an den Fiat-Währungsmärkten?

 

Nun ja, das ist ganz normal. In Zeiten der Turbulenzen suchen die Leute nach einem sicheren Hafen. Aus historischer Perspektive betrachtet sind viele Leute davon überzeugt, dass der US-Dollar ein sicherer Hafen ist. Aus heutiger Sicht ist das allerdings nicht der Fall. Viele Leute wollen noch immer daran glauben, weil es in der Vergangenheit so gewesen ist.

 

Im Fall der Vereinigten Staaten von Amerika handelt es sich um die größte Schuldnernation der Weltgeschichte, weshalb es sich bei diesem Wirtschaftsraum gewiss nicht um einen sicheren Hafen handelt. Überlegungen dieser Art existieren nur in den Gedankenwelten vieler Leute.

 

Und während der Druck allerorten zunimmt, wird der US-Dollar unter aller Voraussicht erst einmal stark bleiben. Irgendwann wird es im Handel mit dem US-Dollar dann jedoch unter aller Voraussicht auf noch deutlich höheren Niveaus zum Erreichen eines Tops kommen. Dieser zu erwartende Blow Off wird den Zeitpunkt signalisieren, an dem es ratsam sein wird, sich vom US-Dollar zu verabschieden.

 

Sie werden sich in Erinnerung rufen, was der Russischen Föderation erst kürzlich widerfahren ist, als die USA mal ganz einfach deren im Ausland gehaltene US-Dollar-Währungsreserven eingefroren beziehungsweise konfisziert haben. Es ist aus diesem Blickwinkel verständlich und nachvollziehbar, dass sich immer mehr Menschen besorgt über eine Entwicklung dieser Art zeigen und davor zurückschrecken, den US-Dollar weiter zu nutzen.

 

Eine Weltreservewährung sollte stets neutral sein, sodass jedermann diese Währung für welche Zwecke auch immer verwenden kann. Doch nun sehen die Dinge plötzlich anders aus, denn wenn die US-Regierung etwas an jemandem auszusetzen hat und diesem jemand die Tür vor der Nase zuschlägt, so werden dessen US-Dollars einfach konfisziert.

 

Diese Entwicklung führt dazu, dass weltweit immer mehr Menschen Ausschau nach etwas halten, was den US-Dollar zu substituieren imstande sein könnte. Oder zumindest nach einer Alternative zu suchen, die sich mit dem US-Dollar zu konkurrieren in der Lage sieht. Resultat ist, dass die Leute dann einen Bogen um die hiervon betroffene Währung des entsprechenden Landes machen. Letztendlich wird das allgemeine Misstrauen gegenüber jedem Land wachsen, das sich solcher Mittel bedient.

 

Auf welche globalen Konsequenzen können wir uns im Hinblick auf Zinssteigerungen durch die Federal Reserve gefasst machen?

 

Jetzt, da die Zinsen steigen, wird die US-Wirtschaft leiden und eine Rezession wird ausbrechen, sodass es an den Finanzmärkten mit hoher Wahrscheinlichkeit zum schlimmsten Bärenmarkt [anhaltend sinkende Kurse] in meinem Leben kommen wird. Und zwar nicht nur in den Vereinigten Staaten, sondern weltweit.

 

Es wird dieses Mal wohl länger als nur sechs Monate oder ein oder zwei Jahre dauern. Wir hatten auf das Jahr 2008 zurückblickend ein weltweites Problem aufgrund von zu hohen Schulden. Seit damals sind die ausstehenden Schuldenniveaus überall explodiert. Sie wissen so gut wie ich, dass wir 2008 große Probleme hatten. Doch die Probleme, die sich seitdem aufgebaut haben, sind jetzt noch um vieles größer als zum damaligen Zeitpunkt. Und aus diesem Grund wird der bevorstehende Bärenmarkt zeitlich auch länger anhalten als damals.

 

Sie sagten, dass sich eine Rezession in den USA und in vielen Teilen im Rest der Welt abzuzeichnen beginnt. Wie würde sich eine solche Entwicklung auf den Goldpreis auswirken?

 

Es geschieht häufig, dass die Preise von Gold und Silber zumindest anfangs erst einmal sinken, wenn es zu einem Ausbruch von Rezessionen und ökonomisch harten Zeiten kommt. Doch wenn die Leute dann erst einmal realisieren, was geschieht und wie schlecht es um die Dinge bestellt ist, klettern die Preise von Gold und Silber hierauf in einem hohen Maße. Zu einer solchen Entwicklung wird es wohl auch dieses Mal wieder kommen. Ich besitze Gold, doch ich kaufe Gold momentan nicht hinzu.

 

Welche Rohstoffe werden sich im Laufe der nächsten zehn Jahre aus Ihrer Sicht mit am besten entwickeln?

 

Für mein Dafürhalten handelt es sich im Fall von Agrarrohstoffen um ein gutes, wenn nicht vielleicht sogar das beste, Anlagesegment. Lassen Sie mich ergänzen, dass meine Prognose auch hauptsächlich auf dem Umstand basiert, da sich dieses Segment über einen langen Zeitraum als Desaster entpuppt hat. Blicken wir nur auf die Zuckerpreise, die aktuell rund 60 Prozent von ihren einstigen Allzeithochs entfernt sind.

 

Und weil sich viele Agrarpreise über den Verlauf der letzten Jahre nicht sonderlich gut oder in vielen Fällen schlecht entwickelt haben, dürfte es sich um eines der besten Segmente an den Rohstoffmärkten handeln, das man sich aus Anlageperspektive einmal etwas genauer anschauen sollte. Viele Agrarrohstoffe werden sich unter den jetzt gegebenen Umständen gut entwickeln. Auch der Energiebereich und einige Metalle erweisen sich als interessant. Beispielsweise ist der Silberpreis etwa 60 Prozent von seinem ehemaligen Allzeithoch entfernt.

 

Ich möchte auf den US-Dollar zurückkommen. Welche Folgen hätte es aus einer rein wirtschaftlichen Sicht, wenn der US-Dollar seinen Status als Weltreservewährung einbüßen würde?

 

Die daraus resultierenden Folgen wären aus Sicht von Menschen im Ausland weniger spürbar. Doch amerikanische Staatsbürger und alle Leute, die den US-Dollar alltäglich in ihren Geschäften nutzen, werden ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit einbüßen.

 

Dasselbe geschah ehedem auch Großbritannien. Vor hundert Jahren erwies sich das Pfund Sterling als Weltreservewährung. Als die Währung in einen Abwärtssog geriet, ging das Vereinigte Königreich fünfzig Jahre später bankrott. Etwas Ähnliches wird nun unter aller Voraussicht auf die USA zukommen.

 

Geht eine Währung eines solchen Vorteils verlustig, indem eine Zentralbank elektronisch so viele neue Geldeinheiten erzeugt, wie sie möchte, so ist ein solches Verhalten ab einem bestimmten Zeitpunkt mit Konsequenzen verbunden. In der Regel leiten sich diese Konsequenzen anhand der Tatsache ab, dass das betreffende Land sich immer höher und höher verschuldet, so wie dies im Fall der USA zu beobachten ist.

 

Sie sprechen über einen sich abzeichnenden Bankrott der Vereinigten Staaten. Welche Folgen und Konsequenzen hätte eine solche Entwicklung geopolitisch?

 

Es ist ganz einfach. Primär bedeutet es, dass jemand anderes auf der Welt aufsteigen würde. Vielleicht auch mehr als nur einer. Eine andere Nation würde aufsteigen, während die USA in der Zukunft nicht mehr dazu in der Lage wären, einen solch globalen Einfluss auszuüben, wie Washington es jetzt noch tut oder wie dies in den vergangenen dreißig oder 40 Jahren der Fall gewesen ist.

 

Wissen Sie, es wird sich wie aus Sicht Großbritanniens verhalten. In den 20er- und 30er-Jahren des letzten Jahrhunderts erwies sich Großbritannien als das Land Nummer eins auf der Welt und es gab keine Nummer zwei. Doch als die Währung des Vereinigten Königreichs und deren Status zugrunde gingen und die Verschuldung des Landes parallel immer schneller in die Höhe schoss, worauf der Bankrott folgte, war es mit Glanz und Glorie ganz plötzlich vorbei. Nicht mehr viele Leute sehen in Großbritannien heutzutage eine Weltmacht. Anders verhält es sich aus Sicht der USA, die in diese Rolle hineingeschlüpft sind und von Großbritannien einst die globale Führung übernommen haben.

 

Wie verhält es sich mit China? Ist China bereit dazu, die weltweite Nummer eins zu werden?

 

Nun, China ist das einzige Land, das ich am Horizont zu erblicken vermag, welches in diese Position hineinwachsen und dazu aufsteigen kann. Die Dinge haben sich im Laufe der Zeit und der Historie stets verändert. Keine weltweite Nummer eins hat diese Führungsposition in der jüngeren Historie länger als 100 bis 150 Jahre innegehabt. Also zeichnet sich auch jetzt wieder ein Wechsel und Wandel ab. Das einzige Land auf der Welt, welches ich dazu aus persönlicher Sicht momentan für eine solche Rolle befähigt halte, ist China.

 

Die Vereinigten Staaten stiegen über einen längeren Zeitraum zur weltweiten Nummer eins auf. Doch auf diesem Weg blickten die USA einer Vielzahl von Problemen ins Auge. Wir durchlebten Depressionen – mit einem großen D – und es hagelte nur so an Bankrotten. Wir durchlebten einen fürchterlichen Bürgerkrieg.

 

Es ließen sich noch viele, viele andere Probleme in den Zeiten unseres Aufstiegs anführen. China, oder wer auch immer den Staffelstab der weltweiten Nummer eins übernehmen wird, bekommt es in den Zeiten des eigenen Aufstiegs mit ebensovielen Problemen zu tun. Es ändert nichts daran, dass sich die Zeit für einen Wechsel an der weltweiten Spitze immer klarer am Horizont abzuzeichnen beginnt. Auf eben jene Weise funktioniert unsere Welt nun einmal.

 

Wie fügt sich der Krieg in der Ukraine in diese Dinge ein? Könnte sich anhand dieses Konfliktes der dritte Weltkrieg entzünden oder ein anderes Ereignis von großer Tragweite ableiten?

 

Es könnte durchaus der Fall sein, dass wir uns am Rande eines großen Ereignisses befinden. Es hängt ganz davon ab, was in Washington, Moskau und an einigen wenigen anderen Orten auf der Welt geschehen wird.

 

Ich kann nicht erkennen, dass dieser Krieg irgendjemandem auf der Welt guttut, inklusive der Russischen Föderation, der Ukraine oder wem sonst auch immer. Wie dem auch sei, es gibt Leute, die darauf beharren, dass diese ganze Situation durch die Vereinigten Staaten verursacht worden sei. Im Jahr 2014 standen die USA hinter einem Putsch in Kiew und letzten Endes hat dieses Ereignis uns nun dorthin gebracht, wo wir heute stehen.

 

Ich kann auch nicht erkennen, dass irgendjemand, einschließlich der Vereinigten Staaten, durch diesen Krieg viel zu gewinnen hat. Es ist deshalb meine Hoffnung, dass dieser Konflikt endet, bevor es zum Ausbruch des dritten Weltkriegs kommen könnte. Doch andererseits genügt es schon, sich die Ereignisse im Jahr 1914 nochmals in Erinnerung zu rufen. Schon nach wenigen Monaten hieß es damals überall, haltet mal eine Minute ein, es handelt sich um einen wahnsinnigen Krieg. Wie kommen wir aus dieser Nummer wieder heraus? Doch es war damals zu spät. Niemand fand mehr einen Weg aus diesem Krieg heraus. Und so erwies sich der Erste Weltkrieg, abgesehen von den jeweils damit verbundenen Zielen, als Katastrophe für alle.

 

Trotz der gegenüber der Russischen Föderation durch den Westen verhängten Sanktionen ist der Rubel in den vergangenen Wochen zu einer der stärksten Papierwährungen der Welt aufgestiegen. Sind Sie überrascht?

 

Russland verfügt nicht nur über gewaltige Vermögenswerte und Rohstoffe, sondern die nationale Verschuldungssituation ist auch weit, weit geringer als im Fall von vielen anderen Ländern. Es lässt sich allein aus diesem Blickwinkel also schon nachvollziehen, dass ein Land mit wenig Schulden und einer gewaltigen Anzahl an Vermögenswerten über eine starke Währung verfügt. Sie wissen so gut wie ich, dass Russland auch keine vergleichbar astronomischen Haushaltsdefizite wie Japan oder einige andere Länder auf der Welt aufweist. Die aktuelle Entwicklung lässt sich somit aus fundamentaler Sicht schon gut begründen und nachvollziehen.

 

Wer leidet eigentlich mehr unter den westlichen Sanktionen? Russland oder der Westen selbst?

 

Bislang werden die westlichen Sanktionen durch gerade einmal rund dreißig Länder unterstützt. Ein Großteil der Welt unterstützt diese durch den Westen verhängten Sanktionen also nicht. Ich würde mal davon ausgehen, dass diese Sanktionen mit hoher Gewissheit jeden auf der Welt treffen, was ebenfalls für all jene gilt, die mit dem Konflikt zwischen Russland und der Ukraine überhaupt nichts zu tun haben.

 

Hart getroffen wird auch der Westen selbst, allen voran Deutschland. Es genügt, sich die Gasabhängigkeit Deutschlands von der Russischen Föderation vor Augen zu führen, um zu erkennen, dass Konstrukte der Vergangenheit nun unter einen enormen Druck geraten und die Welt somit anfällig für Schocks machen. Und aus dieser Situation könnten noch ganz erhebliche Probleme resultieren, was vor allem dann gilt, falls sich die allgemeine Lage noch verschlechtern sollte.

 

Viele Menschen leiden unter den westlichen Sanktionen. Und dies zu einem weitaus höheren Grad als die Vereinigten Staaten oder die Russische Föderation. Deshalb reicht es nicht aus, die Dinge nur aus Perspektive eines einzigen Wirtschaftsraums zu betrachten. Definitiv ist die deutsche Inflation inzwischen bei Weitem höher als es in vielen Jahren zuvor der Fall gewesen ist. Es handelt sich um ein globales Phänomen, das fast alle Wirtschaftsräume gleichermaßen betrifft. Die daraus resultierenden Probleme werden deshalb auch nicht regional beschränkt bleiben.

 

Blicken wir nach Japan: Der Yen hat einen sehr starken Abwärtstrend. Sitzt die Bank of Japan inzwischen in einer Art selbst gebastelten Mausefalle, aus der es kein Entkommen mehr gibt?

 

Nun, die japanische Zentralbank hat auch zuletzt wiederholt mitgeteilt, unlimitiert – und ich zitiere hier deren Worte – unlimitiert Geld zu drucken. Um Japan aus seiner Krise zu verhelfen, wird die Gelderzeugung also ins Unermessliche gesteigert. Doch nun heißt es an den Finanzmärkten letzten Endes, stopp mal gerade, wir wollen keine unlimitierten Mengen des japanischen Yens.

 

Die ökonomischen Schmerzen beginnen an diesem Punkt gerade erst so richtig. Doch es ist aus dem Blickwinkel der Geschichte immer wieder geschehen – und zwar auf der ganzen Welt. Die Probleme werden angesichts einer grenzenlosen Gelderzeugung durch die Bank of Japan immer größer.

 

Hinzu kommt, dass Japan auf eine gewaltige Staatsverschuldung blickt, während die Bevölkerung des Landes seit dem Jahr 2010 abnimmt. Die demografische Entwicklung ist also negativ, während die Verschuldung förmlich durch die Decke schießt. Allein diese beiden Aspekte erweisen sich nicht als sonderlich förderlich für eine Wirtschaft und/oder eine Währung. Zumindest langfristig.

 

Bedenken Sie die aktuellen Entwicklungen in Sri Lanka. Könnte etwas Ähnliches auch den Japanern bevorstehen?

 

Nun, sicher wird es ein wenig länger dauern, bis es zu ähnlichen Entwicklungen kommen könnte, weil Japan zumindest über ein besseres Image wie auch über eine weitaus stärkere Historie verfügt als Sri Lanka. Ich habe kürzlich über einen Kauf von sri-lankanischen Aktien nachgedacht, doch ich habe es sein lassen, weil ich momentan wohl einfach zu faul bin, um mich damit zu beschäftigen.

 

Nichtsdestotrotz kann es und wird es meiner Ansicht nach auch in Japan zu solchen Entwicklungen kommen. Allerdings nicht so schnell wie in Sri Lanka, wo zurzeit alles außer Rand und Band ist.

 

Sie leben in Singapur. Bekommen Sie an der Börse Singapur eigentlich etwas von den über die vergangenen Monate zu beobachtenden Kursturbulenzen an der Börse Hongkong mit? Falls ja, wie äußerst sich das?

 

Es ist nichts anders als in allen anderen Teilen der Welt. Die meisten Leute und Finanzmärkte sind aufgrund der Dinge, die sich gerade abspielen, zuletzt unter die Räder geraten. Der eine stärker, der andere weniger stark. Doch das allgemein empfundene Leid wird größer. Ebenso wie die Ökonomien des Westens leiden auch die Wirtschaften Asiens unter der aktuellen Situation.

 

Die Unterschiede sind aus meiner Sicht nur recht banal. Sri Lanka ist inzwischen bankrott gegangen, okay, die Situation ist dort vor Ort noch um einiges schlimmer. Letztendlich lässt sich sagen, dass viele asiatische Märkte über keine Möglichkeit verfügen, sich gegen diese nun aufziehenden Entwicklungen abzuschirmen. Ebenso wenig wie der Rest der Welt. Vielen Leuten geht es schlecht.

 

Spätestens seit den Jahren der globalen Finanzkrise in den Jahren 2008 und 2009 sind wir Zeugen von hauptsächlich durch Akteure an den Finanzmärkten getriebenen Regierungen geworden. Ist Krieg vielleicht jetzt das letzte Mittel, um von eigens getroffenen politischen Entscheidungen in der Vergangenheit abzulenken – und um keine Verantwortung hierfür zu übernehmen?

 

Tja, historisch betrachtet ist es meistens auf diese Weise der Fall gewesen. Wenn Staaten und Regierungen in ernsthafte Schwierigkeiten geraten, so werden hierfür ausländische Kräfte verantwortlich gemacht. Häufig enden solche Dinge dann im Ausbruch eines militärischen Konfliktes.

 

Der Krieg ist ein Mittel, um abzulenken und die eigene Bevölkerung hinter sich und die eigenen Entscheidungen zu bringen. Für gewöhnlich unterstützen die Menschen im Fall eines Kriegsausbruchs die eigene Regierung, ganz unabhängig davon, ob diese Regierung richtig oder falsch handelt.

 

Ich bin gewiss nicht die erste und einzige Person auf der Welt, die sich über Zusammenhänge dieser Art bewusst ist. Vielleicht ist es genau das, was sich zurzeit beobachten lässt. Einige Länder ergehen sich in zunehmenden Schuldzuweisungen und gießen Öl ins lodernde Feuer, wodurch die Konflikte in einem immer stärkeren Ausmaß zu eskalieren drohen.

 

Ich möchte abschließend auf den Begriff eines dezentralisierten Finanzsystems zu sprechen kommen. Welche Vor- und Nachteile sind mit einem solchen System verbunden?

 

In der Hauptsache wäre der primäre Vorteil eines solchen Systems mit der Tatsache verbunden, über eine Alternative oder einen Ausweg zu verfügen, wenn Staatsregierungen sowohl ihr Finanzsystem als auch deren Währungen auf eine schlechte Weise verwalten.

 

Die Leute würden sich in Scharen von den traditionellen und althergebrachten Systemen verabschieden, was einen Kollaps der jeweils zugrunde liegenden Währungen zur Folge hätte. Die hiervon betroffenen Länder müssten sich auf eine nachhaltige Suche nach Lösungen an den Schulden- und Kreditmärkten begeben, um überhaupt auch nur ansatzweise wieder wettbewerbsfähig werden zu können.

 

Hieraus leitet sich eine der vordergründigen Konsequenzen ab, wenn es sich um miteinander konkurrierende Währungen oder um einen Wettbewerb mit anderen Formen des Geldes handelt. In solchen Situationen wie der heutigen sind solche Dinge immer geschehen. Und es wird wieder geschehen. Schließlich liegt es in der Natur der Menschen, kein schlechtes Auto kaufen zu wollen. Sie wollen langfristig auch keine schlechte Währung nutzen oder sich auf zweifelhafte Vermögenswerte verlassen.

 

Handelt es sich im Fall von Bitcoin vielleicht um eine bessere oder zumindest alternative Währung?

 

Nun, wenn es nach den Befürwortern von Bitcoin geht, dann ist es so. Ich weiß, dass eine ganze Menge Leute Bitcoin gekauft oder verkauft haben und gute Geschäfte dabei gemacht haben. Viele haben aber auch Geld verloren. Nicht zu vergessen bleibt, dass viele Kryptowährungen inzwischen bereits von der Bildfläche verschwunden sind.

 

Wie Sie selbst wissen, sind diese Digitalwährungen auf null gesunken (wie gerade erst wieder im Fall von Terra / Luna geschehen). Falls digitale Währungen sich zu einer neuen Währung oder dem neuen Geld entwickeln sollten, so wie es deren Befürworter in Aussicht stellen, so werden Regierungen meiner Ansicht nach einschreiten und intervenieren.

 

Denn Regierungen sind nicht an dem Verlust ihres Monopols auf Kontrolle interessiert. Falls also einige dieser Digitalwährungen wettbewerbsfähig werden sollten, so würden Regierungen Maßnahmen dagegen ergreifen, so wie dies in der Geschichte für gewöhnlich der Fall gewesen ist. Ich mag es nicht und kann mich mit dieser Realität nur schlecht arrangieren, es ist jedoch das, was für gewöhnlich geschieht.

 

Heißt das also, dass es zu einem offiziellen Bann von digitalen oder alternativen Währungen kommen würde?

 

Nochmals sei erwähnt, dass Regierungen nicht die Kontrolle verlieren wollen. Regierungen wollen einfach nicht auf ihr Monopol verzichten. Ich selbst kann dieser Situation nur wenig abgewinnen, doch Regierungen sind nun einmal so. Und Regierungen haben die Waffen. Wenn Regierungen also sagen, dass diese Währungen nicht benutzt werden dürfen, werden sich die meisten Leute dieser Anordnung beugen und auf deren Nutzung verzichten.

 

Wie schätzen Sie in diesem Zusammenhang eigentlich die Bemühungen von Regierungen und Zentralbanken ein, eigene Digitalwährungen auf den Weg zu bringen?

 

Die Reise geht definitiv in diese Richtung. Es ist ja schon so in China. In China lässt sich kein Taxi mehr mit Bargeld bezahlen. Digitales Geld kommt hier zum Einsatz. China ist dem Rest der Welt auf diesem Gebiet um einige Längen voraus. Doch jedermann arbeitet inzwischen an Kryptogeld-Konzepten oder mit einer Lancierung von Kryptogeld verbundenen Plänen.

 

Geld wird aus vielerlei Gründen ab einem bestimmten Zeitpunkt nur noch komplett auf dem Computer sein. Aus meiner Sicht wird es sich dabei um durch Regierungen und Zentralbanken zu emittierendes Geld handeln – und nicht das Geld von Konkurrenten im privaten Wirtschaftsbereich.

 

Lässt sich diese Form des Geldes nicht auf enorme Weise durch Regierungen und Zentralbanken manipulieren? Gerade in letzter Zeit lassen sich eine Menge Dinge über die Programmierbarkeit von solch staatlich zu emittierenden Digitalwährungen, hauptsächlich um die volle Kontrolle über die Menschen zu erlangen, lesen. Wie blicken Sie in die Zukunft?

 

Nun, Regierungen und Zentralbanken hegen ein Interesse daran, dass Geld zukünftig nur noch auf dem Computer gespeichert wird. Erstens lässt sich ins Feld führen, dass Bargeld dann nicht mehr gedruckt werden muss. Zweitens muss dieses Bargeld nicht mehr physisch transportiert werden.

 

Und drittens, was aus deren Perspektive noch bei Weitem wichtiger ist, wissen Regierungen und Zentralbanken ab diesem Zeitpunkt alles über jeden. Eines Morgens werden Sie angerufen, um mitgeteilt zu bekommen, dass Sie in diesem Monat zu viel Kaffee konsumiert haben. Es ergeht im Anschluss die Aufforderung, weniger Kaffee zu trinken. Regierungen und Zentralbanken werden ab diesem Moment alles über jedermann wissen. Und sie lieben es.

 

Welche Alternativen würden sich aus Sicht von Otto Normalbürgern eigentlich bieten, um einem solchen System aus dem Weg zu gehen?

 

Nicht allzu viele. Noch bestehen als Alternativen nur jene, die heutzutage genutzt werden. In Deutschland kommt der Euro zum Einsatz, der als offizielles Zahlungsmittel in der Eurozone zirkuliert. Manche Leute sind dazu bereit, sich unlauteren Dingen zu bedienen, doch wenn sie erwischt werden, geht es ihnen an den Kragen.

 

Wenn Bitcoin gebannt werden kann, so ließe sich auch Gold verbieten, oder? Letztmals war dies in den 1930er-Jahren der Fall.

 

Gold wurde in den 1930er-Jahren verboten, weil Gold als Fundament und Anker des damals bestehenden Geldsystems diente. Gold erweist sich hingegen nicht als Fundament, geschweige denn als Anker, des Geldsystems in den 2020er-Jahren. Gold wurde damals konfisziert, weil das gesamte Wirtschafts-, Finanz- und Geldsystem zu dieser Zeit auf Gold basierte oder daran gekoppelt war.

 

Aus heutiger Sicht spielt Gold aus diesem Blickwinkel betrachtet keine Rolle mehr. Falls dies noch einmal so sein sollte, werden nur wenige Länder einen solchen Schritt unternehmen.

 

Summa summarum lässt sich allerdings sagen, dass Regierungen und Zentralbanken potenziell alles verbieten könnten, was den eigenen Plänen und Aussichten im Weg zu stehen droht. Hiervon ist wahrscheinlich nichts ausgenommen.

 

Können Sie sich vorstellen, dass Russland und China wieder zu einem durch Gold gedeckten Währungssystem zurückkehren werden, um den Yuan und/oder Rubel mittels Gold zu unterlegen?

 

Falls die Dinge wirklich aus dem Ruder laufen sollten, könnte es durchaus der Fall sein, dass einige Regierungen eine solche Entwicklung wieder in Erwägung ziehen könnten. Denn jedermann weiß um den Wert des Goldes. Und ja, es könnte sich zumindest durchaus um den temporären Griff zu einem letzten rettenden Anker handeln.

 

Falls es an den internationalen Währungsmärkten zu einem totalen Zusammenbruch der bestehenden Fiat-Währungen kommen sollte, werden einige Regierungen auf eine durch Gold oder Silber gedeckte Währung zurückgreifen, um sich erst einmal über den nächsten Tag zu retten.

 

Historisch betrachtet gingen mit Goldstandards einige gute Dinge und Entwicklungen einher. Doch auch schlechte Erfahrungen sind damit verbunden. Denn Goldstandards hatten niemals langfristig Bestand beziehungsweise waren nie lange von Erfolg gekrönt.

 

Ein neuer Anlauf könnte trotz allem gestartet werden, auch wenn das aus Perspektive von Politikern eine äußerst hart zu treffende Entscheidung wäre. Denn wenn Politiker Fiskaldisziplin walten lassen müssen, so wird diese Situation nicht sonderlich von ihnen gemocht. Also werden oftmals ganz einfach die Regeln geändert.

 

Würden staatliche Digitalwährungen oder sogenannte CBDCs eigentlich etwas an dem derzeitigen Istzustand des Finanzsystems und der zugrundeliegenden Schuldensituation ändern?

 

Nun, auf der einen Seite ja, auf der anderen Seite nein. Zumindest würde es nicht zu bedeutenden Fundamentalveränderungen kommen. Ich hatte bereits erwähnt, dass Regierungen ab dann alles über jeden wissen oder in Erfahrung bringen könnten.

 

Wer heutzutage mit Banknoten seine Flasche Whiskey im Laden kaufen geht oder andere Dinge erwirbt, wird diesen Kauf durch eine Bezahlung mit Bargeld anonym gestalten können. Niemand wird davon wissen.

 

Doch wenn Geld erst einmal vollständig computerisiert sein wird, so wird sich nicht mehr privat halten lassen, was der Einzelne tut. Oder es wird sich zumindest zu jedem Zeitpunkt herausfinden lassen. Hierin liegt die potenziell größte Veränderung, der unsere Gesellschaften ins Auge blicken. Und weil Regierungen alles wissen werden, wird es aus deren Perspektive an diesem Zeitpunkt auch bei Weitem einfacher, die Dinge zu regulieren.

 

Und Geld unter Umständen zu konfiszieren.

 

Natürlich ist es einfach, Geld zu konfiszieren. Dazu kommt es ja heutzutage schon. Es ist heute jedoch schwieriger, wenn Leute ihr Erspartes unter der Matratze bunkern. Vielleicht werden sie es nicht finden, doch wenn Geld erst einmal vollständig computerisiert sein wird, werden Regierungen alles über jeden wissen.

 

Vielen Dank für dieses Gespräch.

 

Das Interview erschien zuerst in unserer Wochenzeitung Nr. 46 vom 27. Mai.