https://www.focus.de/perspektiven/bessere-standards-als-in-turnhallen-quarantaene-auf-see-experten-wollen-covid-19-kranke-auf-schiffen-isolieren_id_11812692.html
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"Versorgung wäre sicherer": Marine-Experten wollen Covid-19-Kranke auf See isolieren
Umgebaute Luxusliner und Marine-Boote könnten schnell und effizient große Mengen von Infizierten aufnehmen. Zwei deutsche Marine-Experten machen sich dafür stark, die USA macht es vor.
Deutsche Welle: Sie schlagen vor, Militärschiffe oder auch Kreuzfahrtschiffe zu Hospital-Schiffen umzubauen, die dann in den deutschen Häfen in Nord- und Ostsee vor Anker liegen. Wie soll das gehen?
Moritz Brake: Vorausgesetzt, dass man keine Intensivstation-Standards für das komplette Schiff im Auge hat, kann man die Umbauten gut bewerkstelligen. Auch in Krankenhäusern an Land, in den normalen Patientenzimmern, gelten nicht unbedingt andere Standards, was die Atemluft angeht. Natürlich gibt es Hygienevorschriften für die Reinigung. Die sind aber auf Kreuzfahrtschiffen genauso zu leisten wie an Land. Es gibt besondere Vorschriften für die Belüftung von Operationssälen und Intensivstationen. Das wäre auf Kreuzfahrtschiffen baulich mit einigem Aufwand verbunden, aber machbar. Und es wäre denkbar, dass z.B. das bestehende Schiffspersonal, das bis hin zu Intensiv-Maßnahmen in Extremfällen diese Aufgaben ja schon erfüllt, dafür nutzbar wäre, wenn sich so eine Situation ergibt. Man muss vorher klar definieren, was diese Schiffe leisten können sollen.
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Deutsche Welle: In Deutschland werden jetzt Kapazitäten an Land aufgebaut, beispielsweise auf dem Berliner Flughafen Tempelhof. Welchen Vorteil haben Schiffslösungen im Vergleich zu diesen?
Moritz Brake: Solche Lösungen in einer Turnhalle, in einem alten Flughafen, in der Messehalle oder auf einem Kreuzfahrtschiff sind vor allem sinnvoll für das Gros der Fälle. Wenn es zum Beispiel um die Corona-Epidemie geht, dann wären die Menschen, die nicht in eine direkte technische Beatmung müssen - und das sind ja die meisten Fälle - in so einem Lazarett gut aufgehoben. Diese Menschen kriegen Sauerstoffflaschen ans Bett gestellt und bedürfen keiner weiteren zusätzlichen intensivmedizinischen Betreuung. Während sie in der Turnhalle nur durch Stellwände getrennt sind, wäre eine solche Versorgung auf dem Kreuzfahrtschiff sehr viel besser, komfortabler und auch sicherer zu gestalten. Dort die Leute mit Essen zu versorgen, das in dem Schiff nach besten Standards zubereitet wird, nicht irgendwo per Caterer angeliefert werden muss, nicht irgendwo in Provisorien zubereitet wird, sondern in einem Schiff, das für die Versorgung von Menschen konzipiert ist, auf dem Reinigung-Standards gewährleistet werden und Sauerstoff bereit gestellt wird, das wäre sicherlich für die große Anzahl der Fälle, die überhaupt Betreuung brauchen, auf dem Schiff besser zu leisten als in der Turnhalle.
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Moritz Brake: Wer auch immer der Autor einer solchen Maßnahme wäre: Wenn so ein Schiff dann über die EU organisiert wird, dann könnte man einen Pool von Leuten zusammenzustellen, der sich auch aus dem militärischen Bereich speist. Aktuell sind ja auch Mediziner der deutschen Marine in Deutschland an Land in Lazaretten im Einsatz, um zu helfen, wo sie können, und zwar zivilen Patienten. Ein ähnlicher Mechanismus wäre auch denkbar, um Mediziner der Marine aus Deutschland oder aus Frankreich auf ein Hospitalschiff nach Griechenland zu bringen, wenn dort die Krise beispielsweise schärfer agiert als in Deutschland.